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Vorlesungsreihe "Nachhaltige Entwicklung" Sommersemester 2024

Jeden Montag im Semester ab 18.15 Uhr, ZHG010

Die Universität Göttingen bietet Studierenden aller Fachrichtungen mit der neuen fakultätsübergreifenden Vorlesungsreihe „Nachhaltige Entwicklung“ ab dem Sommersemester 2024 die Gelegenheit, sich mit Nachhaltigkeit und Nachhaltiger Entwicklung intensiv auseinanderzusetzen. Jede Vorlesung wird dabei von zwei Lehrenden aus unterschiedlichen Fakultäten gehalten.

Durch die gewählte interdisziplinäre Ausrichtung erhalten Sie als Studierende der Universität Göttingen die Chance, nicht nur den grundlegenden Ansatz und Beitrag verschiedener Forschungsdisziplinen zur nachhaltigen Entwicklung zu verstehen, sondern auch Zusammenhänge und Unterschiede zwischen ökologischen, sozialen und ökonomischen Dimensionen gesellschaftsrelevanter Nachhaltigkeitsfragen zu erkunden. Sie lernen, Wissen und Erkenntnisse aus unterschiedlichen Fachrichtungen zu integrieren, um komplexe Themen kritisch zu hinterfragen. Die Vorlesungsreihe soll zudem Ihr Verständnis für die Notwendigkeit interdisziplinärer Zusammenarbeit und die Berücksichtigung verschiedener Perspektiven in der Nachhaltigkeitsforschung fördern. Darüber hinaus sollen Sie ermutigt werden, aktiv an interdisziplinären Diskussionen teilzunehmen, Ihre Ideen zu verteidigen und Ihre Ansichten zu erklären. Die erworbenen disziplinären und interdisziplinären Kenntnisse und Perspektiven sollen Ihnen als Grundlage dienen, sich in gesellschaftliche Diskussionen und Projekte zum Wohle der Allgemeinheit einzubringen.

Das Modul können Sie bei bestandener Prüfung im Bereich der Schlüsselkompetenzen mit 3 ECTS anrechnen lassen. Sie können sich zu dieser Veranstaltung über StudIP anmelden (Veranstaltungsnummer 700664).





Sofern nicht anders gekennzeichnet, findet die Ringvorlesung jeden Montag im Semester
ab 18.15 Uhr im ZHG010 statt.

Datum Referent*innen Thema
08.04. Prof. Dr. Arnd Reitemeier, Philosophische Fakultät
Prof. Dr. Christian Ammer, Fak. für Forstwissenschaften und Waldökologie
Von Sachsen in die Welt? Der Begriff der Nachhaltigkeit und seine Geschichte

Der Begriff der Nachhaltigkeit hat im 20. Jahrhundert einen enormen Aufschwung erfahren - aber auch eine tiefgreifende Bedeutungsverschiebung. Aus nachvollziehbaren Gründen beanspruchen die Forstwissenschaften die "Erfindung" des Begriffs der Nachhaltigkeit, doch tatsächlich entstand er im 18. Jahrhundert in der Ökonomie und den Montanwissenschaften. Von hier aus - und dem Harz kam dabei eine wichtige Bedeutung zu - trat der Begriff seinen Siegeszug an, wozu die Forstwissenschaften in erheblichem Maß beitrugen. So steht am Anfang der Ringvorlesung ein Rückblick auf den Begriff der "Nachhaltigkeit" und seine Definition - umso mehr als dann die Übersetzung ins Englische ("sustainability") inhaltliche Verschiebungen bewirkte. Politische Klarheit wurde (halbwegs) erst 1987 durch die World Commission on Environment and Development der Vereinten Nationen erzielt - nun wurde "Nachhaltigkeit" ein globaler Begriff, allerdings mit der Folge einer enormen diskursiven Ausweitung. Die Frage, ob diese Ausweitung den Herausforderungen des Anthropozäns gerecht wird oder eine Rückbesinnung auf die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs notwendig erscheint, wird zur Diskussion im Plenum überleiten.

15.04. Prof. Dr. Catrin Westphal, Fakultät für Agrarwissenschaften
Prof. Dr. Johannes Kamp, Fakultät für Biologie und Psychologie
Naturschutz in der Agrarlandschaft

Artensterben und der Verlust biologischer Vielfalt werden seit einiger Zeit als ähnlich relevant wie der Klimawandel für das Überleben der Menschheit wahrgenommen. In Mitteleuropa finden diese Prozesse allerdings nicht überall gleich intensiv statt: die Lage im Wald ist deutlich besser als in der Agrarlandschaft. Feldvögel, Insekten offener Lebensräume und Ackerwildkräuter sind Sorgenkinder des Naturschutzes. Negative Populationstrends haben sich in den letzten 20 Jahren vielfach weiter beschleunigt – die Agrarbiodiversität scheint im freien Fall, unsere Wirtschaftsweise und Nahrungsmittelproduktion nicht mehr ökologisch nachhaltig.
In unserem Vortrag stellen wir zunächst Daten zur zeitlichen Entwicklung von Feldvögeln und Insekten vor und illustrieren die Ursachen für die Verluste von Tier- und Pflanzenarten auf Acker, Wiese und Weide. Wir zeigen, dass die Partizipation von Bürgern in der Erfassung von biologischer Vielfalt unabdingbar ist, um großräumig Daten zu erheben, die Veränderungen schnell erkennen lassen.
Anschließend diskutieren wir Ansätze, negative Entwicklungen aufzuhalten oder sogar umzukehren. Dazu gehören praktische Aspekte, wie nachhaltigere Anbaumethoden, eine Neustrukturierung der Agrarlandschaft und eine Vernetzung von Lebensräumen. Wir zeigen auch, dass die Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Naturschutz von entscheidender Bedeutung ist. Darüber hinaus können die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und die Einbindung lokaler Gemeinschaften in die Naturschutzbemühungen zu einer größeren Wertschätzung der Bedeutung der biologischen Vielfalt führen und nachhaltige Praktiken fördern.

22.04. Prof. Dr. Dorothea Bahns, Fakultät für Mathematik und Informatik
Prof. Dr. Alexander Knohl, Fak. für Forstwissenschaften und Waldökologie
Von Modellen und Gleichungen - wie viel Mathematik steckt in der Klimaforschung?

Der Klimawandel ist eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen für heutige und zukünftige Generationen. Aufgrund der Forschung der vergangenen Jahrzehnte wissen wir bereits, dass der Klimawandel real ist und größtenteils auf den Menschen zurückzuführen ist. Aktuelle Forschungsfragen befassen sich nun damit, ob konkrete klimatische Extremereignisse, wie die Trockenheit im Jahr 2018 in Deutschland auf den Klimawandel zurückgeführt werden können (‚Attribution‘) und wie sich das Klima in Zukunft entwickelt (‚Projektion‘). Diese Fragen können nur durch Modelle, sogenannte Erdsystemmodelle, beantwortet werden. Erdsystemmodelle sind mathematisch-physikalische Abbildungen der Prozesse im Erdsystem und umfassen die Atmosphäre, Biosphäre und Hydrosphäre. Sie erlauben die Projektion von Zukunftsszenarien und geben damit die Möglichkeit, Leitlinien für zukünftige Entwicklungspfade zu entwickeln. In der Vorlesung „Von Modellen und Gleichungen - wie viel Mathematik steckt in der Klimaforschung?“ stellen Prof. Alexander Knohl (Abt. Bioklimatologie, Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie) und Prof. Dorothea Bahns (Mathematisches Institut, Fakultät für Mathematik und Informatik) den aktuellen Stand der Klimaforschung dar und zeigen exemplarisch mathematische Ansätze, die in Erdsystemmodellen verwendet werden.

29.04. Prof. Dr. Monika Oberle, Sozialwissenschaftliche Fakultät
Prof. Dr. Bernd Schröder, Theologische Fakultät
"Nachhaltige Entwicklung" als Thema politischer und religiöser Bildung. Ziele, Ansätze und Herausforderungen

Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist heute nicht nur ein fächerübergreifender Schulauftrag, sondern auch ein Schlüsselthema in der Wahrnehmung vieler Schüler:innen - sie suchen vielfach von sich aus nach politischen Möglichkeiten, nach ethischen Argumenten und nach Sinnressourcen, die sie nutzen können, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Politik- und Religionsunterricht nehmen das auf, eröffnen in der Schule Diskursräume und übernehmen die doppelte Aufgabe, zu bestärken und Reflexionsschleifen einzuziehen. Die Vorlesung stellt einschlägige didaktische Modelle aus Politik- und Religionsdidaktik vor.

07.05. Prof. Dr. Stefan Dierkes, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Prof. Dr. Dietmar Stalke, Fakultät für Chemie
Verantwortung von Unternehmen zur Erreichung von CO2-Reduktion - Was ist aus ökonomischer und naturwissenschaftlicher Sicht zu beachten?

Die im Pariser Klimaschutzabkommen vereinbarten Klimaschutzziele können nur erreicht werden, wenn die CO2-Emmissionen möglichst schnell auf null reduziert werden. Unternehmen kommt bei der Erreichung dieses Ziels der CO2-Neutralität eine besondere Verantwortung zu, weil mit der unternehmerischen Tätigkeit unter Berücksichtigung der Auswirkungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette erhebliche CO2-Belastungen verbunden sind. Die hieraus resultierenden Herausforderungen für Unternehmen sind gewaltig, weil die Unternehmensaktivitäten im Nachhaltigkeitsmanagement nicht nur auf ökologische, sondern auch auf ökonomische und soziale Ziele auszurichten sind. Zur Unterstützung des Nachhaltigkeitsmanagements werden in Unternehmen Ökobilanzen und CO2-Accountingsysteme als spezifische Controlling-Instrumente eingesetzt, was neben ökonomischen Kenntnissen vor allem auch naturwissenschaftliche Kenntnisse erfordert. In dieser Vorlesung wird Ihnen vermittelt, wie Ökobilanzen und CO2-Accountingssystemen zu konzipieren sind und was bei deren Einsatz aus ökonomischer und naturwissenschaftlicher Sicht zu beachten ist. Der Einsatz der Instrumente wird an Anwendungsbeispielen illustriert und abschließend werden die Möglichkeiten und Grenzen von Ökobilanzen und CO2-Accountingssystemen kritisch diskutiert.
In einer chemischen Experimentalvorlesung werden Alternativen zum Kohlenstoffzyklus vorgestellt. Dazu gehören die Grundzüge der Wasserstofferzeugung, des Lithiumionenakkumulators, der Brennstoffzelle und der Photovoltaik. Schlüsselexperimente zeigen gegenwärtige Chancen und Grenzen der heutigen Technologien. Hier werden naturwissenschaftliche Handlungsfelder identifiziert, die verstärkt als Chancen wahrgenommen werden sollten und nicht ausschließlich als ökonomische Kostenfaktoren.

Bitte beachten: Diese Vorlesung findet ausnahmsweise an einem Dienstag und im Hörsaalgebäude Chemie, MN27 am Nordcampus statt.
13.05. Dr. Susanne Bollmus, Fak. für Forstwissenschaften und Waldökologie
Prof. Dr. Christian Jooss, Fakultät für Physik
Holz als nachwachsender Rohstoff: Vor- und Nachteile einer stofflichen und energetischen Nutzung

Aktuelle Waldbaukonzepte in Deutschland führen dazu, dass die Baumartenvielfalt auf Basis der natürlichen Waldgesellschaften gestärkt wird. Dies bedeutet, dass zukünftig mehr Laubholz und weniger Nadelholz für die Nutzung zur Verfügung stehen wird. Damit CO2 möglichst langfristig gebunden ist, sollte so viel Holz wie möglich in langlebigen Produkten z. B. im Holzbau eingesetzt werden. In Deutschland beruht allerdings mehr als 90 % des stofflich genutzten Holzes auf Nadelholz. Der überwiegende Teil des Laubholzes wird bereits in der ersten Verwertungsstufe zur Energiegewinnung verbrannt.
Die CO2 Bilanz bei der energetischen Nutzung kann besser oder sogar schlechter sein, als bei fossilen Energieträgern, abhängig von der Gesamtnutzungskette. Während des Verbrennungsprozesses entstehen immer Feinstäube. Viele Stäube gelangen bei der Nutzung geeigneter Filteranlagen nicht in die Umwelt. Es gibt allerdings bei der Verbrennung stets auch Feinstäube, die aufgrund ihrer Partikelgröße nicht gefiltert werden können. Dies beruht auf physikalischen Gesetzmäßigkeiten, die immer Gültigkeit haben werden. Des Weiteren entstehen bei der Holzverbrennung Aschen, die deponiert werden müssen. Wie sinnvoll eine energetische Nutzung von Holz ist, sollte daher auch immer kritisch betrachtet und alternative saubere erneuerbare Energietechniken einbezogen werden.
In der Vorlesung „Holz als nachwachsender Rohstoff: Vor- und Nachteile einer stofflichen und energetischen Nutzung“ wird Susanne Bollmus (Abteilung Holzbiologie und Holzprodukte) die Nutzung von Holz in Deutschland erläutern und Christian Joos (Institut für Materialphysik) physikalische Aspekte des Einsatzes von Holz zur Energiegewinnung betrachten.

21.05. Prof. Dr. Angela Schwerdtfeger, Juristische Fakultät
Prof. Dr. Simon Fink, Sozialwissenschaftliche Fakultät
Öffentlichkeitsbeteiligung an umwelt- und klimarelevanten Entscheidungen

Die große Transformation erfordert eine breite gesellschaftliche Basis und Akzeptanz. Die Einbindung von Bürger*innen in umwelt- und klimarelevante Entscheidungsverfahren kann einen wesentlichen Beitrag zur Akzeptanzsteigerung leisten. Sie gewinnt eine immer größere Bedeutung auf den verschiedenen politischen und rechtlichen Ebenen (international, europäisch, national, regional) sowie als Untersuchungsgegenstand der Politik- und Rechtswissenschaft.
Es ist vor diesem Hintergrund höchste Zeit, bei der wissenschaftlichen Analyse des Instruments der Öffentlichkeitsbeteiligung (auch „Bürger*innenbeteiligung“) die eigentlichen Adressat*innen zu Wort kommen zu lassen und aus ihrer Perspektive zu lernen. Ziel unseres interdisziplinären, vom MWK im Programm „Zukunftsdiskurse“ geförderten Forschungspro-jekts „Politik und Recht erleben, Zukunft mitgestalten – Potenziale und Grenzen der Bür-ger*innenbeteiligung bei der Klimawende“ war es daher, methodisch neue Wege zu gehen und wissenschaftliche Erkenntnisse zur Öffentlichkeitsbeteiligung unter Beteiligung von Bür-ger*innen gewissermaßen im Praxistest zu generieren. Kern des Projekts war es, Bür-ger*innen im Rahmen von Simulationen die spezifischen Problemlösungsstrategien, Vorteile und Probleme von Politik und Recht erleben zu lassen. Sie verhandelten als Minister im Rat der Europäischen Union die Europäische Lastenteilungsverordnung und simulierten die Ge-richtsverhandlung zu einer Klage gegen ein Windkraftrad. Auf der Grundlage der Erfahrungen der Teilnehmer*innen haben wir gemeinsam mit ihnen Impulse für Wissenschaft und Praxis entwickelt.
In unserer Vorlesung geben wir zunächst einen Überblick über den rechtlichen Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung und stellen das Instrument in seiner praktischen Anwendung und Bedeutung vor. Anschließend möchten wir einen Eindruck von unserem Zukunftsdiskurse-Projekt und den Projektergebnissen vermitteln.

Bitte beachten: Diese Vorlesung findet ausnahmsweise an einem Dienstag statt.
27.05. Prof. Dr. Inga Moeck, Fakultät für Geowissenschaften und Geographie
Prof. Dr. Kilian Bizer, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Klimaschutz im Wärmesektor: Interdisziplinäre Potenzialabschätzung für Geothermie

Die Bundesrepublik Deutschland erreicht ihr Ziel der Kohlendioxidneutralität bis 2045 nur, wenn der Wärmebedarf aus regenerativen Quellen gedeckt wird. Als erneuerbare Wärmequelle mit Grundlastfähigkeit ist die Geothermie - die natürlich vorkommende Wärme im Erdreich - prädestiniert, weil sie vielfältige geologische Potenziale aus verschiedenen Tiefenstufen mit unterschiedlichen Technologien nutzbar macht. Die Erdwärme steht unabhängig von Tages- oder Jahreszeit gleichmäßig zur Verfügung, weshalb erdgekoppelte Wärmepumpen gerade im Winter mehr Wärme bei geringerem Stromverbrauch liefern als luftgekoppelte Wärmepumpen. Allerdings fällt das geothermische Potenzial je nach geologischer Beschaffenheit des Untergrunds in Deutschland sehr unterschiedlich aus. Ein hohes geothermisches Potenzial ergibt sich, wenn ein hohes geologisches Potenzial mit einer hohen Wärmebedarfsdichte zusammentrifft. In einer modernen geothermischen Potenzialabschätzung sollte daher nicht nur das geologisch-technische, sondern auch das sozioökonomische Potenzial analysiert werden. Die Nutzung dieser Potenziale durch den Ausbau der Geothermie hat eine größer werdende Anlagendichte zur Folge; in einer Nachhaltigkeitsbetrachtung sollten daher Wechselwirkungen von Anlagen mit dem geologischen Untergrund und mit Nachbarfeldern beachtet werden. Das Erdwärmepotenzial ist in Deutschland jedoch noch kaum erschlossen. Der Markthochlauf wird behindert durch regulatorische Vorschriften, erhebliche Engpässe in der Ausbildung von Fachkräften, aber auch in der öffentlichen Verwaltung. Der Markzugang für europäische Firmen ist zudem nicht einfach. Inga Moeck (Professorin für Angewandte Geothermik, Fakultät Geowissenschaften und LIAG) und Kilian Bizer (Professor für Wirtschaftspolitik und Mittelstandsforschung) stellen die Potenziale tiefer, mitteltiefer und oberflächennaher Geothermie dar, zeigen das „geothermal play“ zwischen geologischem Potenzial und ökonomischem Bedarf und diskutieren Möglichkeiten, die Wärmewende mit Geothermie zu beschleunigen, um die Klimaschutzziele zu erreichen.

03.06. Prof. Dr. Carola Paul, Fak. für Forstwissenschaften und Waldökologie
Prof. Dr. Stefan Scheu, Fakultät für Biologie und Psychologie
Wissenschaft für eine nachhaltige Landnutzung: Bewertung von Zielkonflikten zwischen ökologischen und ökonomischen Funktionen in Ölpalmenlandschaften in Jambi, Indonesien (EFForTS-SFB 990)

Seit 2012 untersucht ein Konsortium bestehend aus Forschern der Universität Göttingen, der IPB Universität Bogor, der Universität Jambi und der Tadulako Universität Palu in Indonesien die ökologischen und sozioökonomischen Funktionen von Transformationssystemen tropischer Tieflandregenwälder in Sumatra, Indonesien im Rahmen des integrativen Forschungsprojektes CRC990/EFForTS (finanziert durch die DFG). Es wurden Versuchsflächen in einem replizierten Design eingerichtet, um Transformationsprozesse im Zusammenhang mit der Umwandlung von Regenwald in Dschungel-Kautschuk-Agroforst, Kautschuk- und Ölpalmen-Monokulturen zu analysieren. Der Vortrag gibt einen Überblick über den Aufbau, die Herausforderungen und die Ergebnisse des Projekts. Anschließend wird der Schwerpunkt auf die Struktur und Funktionsweise des ober- und unterirdischen Nahrungsnetzes gelegt, wobei die Veränderungen im Zusammenhang mit der Umwandlung von Regenwald in Monokulturen von Kautschuk- und Ölpalmenplantagen hervorgehoben werden. Anschließend wird aufgezeigt, welche Methoden angewandt wurden, um die Auswirkungen von Landnutzungsänderungen auf ökologische und wirtschaftliche Funktionen zusammenzufassen und nachhaltige Pfade zu ermitteln. Der Vortrag schließt mit einer kritischen Bewertung der Nachhaltigkeitsaspekte bei der Planung, Durchführung und Verbreitung des Projekts und den daraus gezogenen Lehren.

10.06. Prof. Dr. Achim Spiller, Fakultät für Agrarwissenschaften
PD Dr. med. Thomas Ellrott, Universitätsmedizin
Die Planetary Health Diet: Konzept, Debatten und Ergebnisse eines innovativen Inverted Classroom-Projekts

Die Planetary-Health-Diet ist eine wissenschaftliche, interdisziplinär erarbeitete Empfehlung der sog. EAT-Lancet-Kommission für eine Ernährungsweise, die die Gesundheit der Menschen und der Erde gleichermaßen schützen soll. Sie beruht auf den planetaren Grenzen und kommt zu dem Ergebnis, dass der Konsum von Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen ungefähr verdoppelt werden, der Verzehr von Fleisch und Milchprodukten dagegen mehr als halbiert werden sollte. Der Report zeigt, wie sich im Jahr 2050 etwa 10 Milliarden Menschen auf der Erde gesund und nachhaltig ernähren können. Die Studie hat in der Wissenschaft und in der Gesellschaft viele Diskussionen ausgelöst – bis zu den aktuellen Bauernprotesten. Die Veranstaltung stellt die Studie vor, skizziert die wissenschaftliche und gesellschaftliche Resonanz und zeigt auf, wie Studierende in einem Inverted Classroom-Konzept damit umgegangen sind.

17.06. Prof. Dr. Eckart Bueren, Juristische Fakultät
Prof. Dr. Michael Wolff, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung aus rechtlicher und betriebswirtschaftlicher Perspektive

Angesichts ihrer gesellschaftlichen und ökologischen Bedeutung spielen Unternehmen eine wesentliche Rolle bei der Umsetzung gesellschaftlicher Nachhaltigkeitsziele. Die unternehmerischen Aktivitäten zur Etablierung einer größeren Nachhaltigkeit hängen dabei sowohl von den durch Gesetze bzw. Verordnungen definierten Rahmenbedingungen als auch von der individuellen betrieblichen Umsetzung ab. Am Beispiel der Rechtssetzung insb. in den Bereichen Sustainable Finance sowie Lieferkettensorgfalt und der Implementierung von Nachhaltigkeitszielen in der Vorstandsvergütung zeigen Prof. Dr. Eckart Bueren (Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Kartellrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Rechtsvergleichung an der Juristischen Fakultät) und Prof. Dr. Michael Wolff (Inhaber der Professur für Management & Controlling an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät) die Bedeutung juristischer und betriebswirtschaftlicher Aspekte bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsaspekten in der Unternehmensführung und den damit verbundenen Herausforderungen.

24.06. Prof. Dr. Hiltraud Casper-Hehne, Philosophische Fakultät
Prof. Dr. Susanne Schneider, ZEWIL
Dr. Annegret Middeke, Philosophische Fakultät
Dr. Sabrina Eggert, ZEWIL
Learning for the Future: Bildung für nachhaltige Entwicklung vom Lehramtsstudium in die Schulpraxis. Wie kann das gelingen?

Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) ist seit dem ersten Erdgipfel in Rio de Janeiro 1992 als ein zentrales Ziel für die Bewältigung der Schlüsselprobleme unseres Planeten in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Seitdem wird die Forderung nach hochwertiger Bildung auf allen Folgegipfeln und Aktionsprogrammen formuliert und ist als SDG4 in den Nachhaltigkeitszielen der UN verankert.
Im deutschsprachigen Raum hat sich BNE schon vor ca. 20 Jahren mit dem Konzept der Gestaltungskompetenz im pädagogischen und fachdidaktischen Diskurs etabliert. Seitdem werden Themen zu Nachhaltigkeit und BNE in der Schule über verschiedenste Unterrichtsentwicklungsprojekte implementiert, stehen aber weiterhin vor großen Herausforderungen. Mit dem Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung (KMK-BMZ, 2016) und dem BNE-Erlass für Niedersachsen von 2021 existieren Rahmenpapiere, an denen sich Schulen orientieren. Auf internationaler Ebene existieren korrespondierende Vorgaben im Zusammenhang mit der Agenda 2030 der Vereinten Nationen.
Somit sollte BNE als Querschnittsaufgabe auch bereits integraler Bestandteil der Lehrer:innenbildung in der universitären Ausbildungsphase sein. Aus konzeptioneller Sicht stellt sich zunächst die Frage, welche BNE-Kompetenzen angehende Lehrer:innen erlangen müssen, um dann im späteren Beruf diese Kompetenzen auch bei ihren Schüler:innen zielorientiert und effizient zu fördern. Im Zusammenhang mit dieser Frage werden verschiedene aktuell diskutierte Kompetenzmodelle vorgestellt (darunter z.B. das Rounder Sense of Purpose Modell). Zudem werden verschiedene Ansätze für die Integration von BNE in die universitäre Lehrer:innenbildung vorgestellt und der Stand mit Blick auf die Lehramtsausbildung an der Universität Göttingen präsentiert. Dabei spielt auch die Integration von BNE in Programme zur interkulturellen Bildung (u.a. Zertifikat für Interkulturalität und Mehrsprachigkeit) der Abteilung Interkulturelle Germanistik eine zentrale Rolle.

01.07. Prof. Dr. Michael Wibral, Fakultät für Biologie und Psychologie
Marco Lange, Abteilung Öffentlichkeitsarbeit
Nachhaltigkeit an der Universität Göttingen - Ziele, Projekte und Handlungsspielräume

Hochschulen habe eine besondere gesellschaftliche Verantwortung zur nationalen und internationalen nachhaltigen Entwicklung beizutragen und den damit verbundenen Transformationsprozess mitzugestalten. Marco Lange (Green Office) zeigt die für Hochschulen wesentlichen Handlungsfelder auf und gibt Einblicke in nachhaltigkeitsrelevante Daten, Ziele, Projekte und Strukturen der Universität Göttingen. Zum Thema Governance wird Prof. Michael Wibral (Campus Institut für Dynamik biologischer Netzwerke, Fakultät für Biologie und Psychologie) zunächst die Entscheidungsstrukturen der Universität erläutern, welche eine große Rolle für den Transformationsprozess zur Nachhaltigkeit spielen. Nur ein Verständnis dieser Strukturen ermöglicht es, den Transformationsprozess gezielt zu unterstützen. In diesem Zusammenhang wird Herr Wibral auch über die im Jahr 2022 neu eingerichtete Senatskommission für Klimaschutz und Nachhaltigkeit (KfKN), deren Aufgaben und Aktivitäten berichten. Herr Wibral möchte zudem aufzeigen, dass die Handlungsbefugnisse der zentralen Organe einer Universität nicht ausreichen, um die Transformation zu bewältigen, da viele wichtige Handlungsbefugnisse auf Grund der dezentralen Organisation einer Universität und auf Grund der Wissenschaftsfreiheit bei den Fakultäten oder einzelnen Abteilungen liegen. Es bedarf daher einer ambitionierten Zusammenarbeit zwischen den Fakultäten und Abteilungen auf der einen und den zentralen Organen der Universität auf der anderen Seite, um das Ziel einer erfolgreichen Transformation zu erreichen. Darüber hinaus erfordert eine erfolgreiche Transformation auch eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit mit anderen außeruniversitären Akteur*innen, wie an weiteren Beispielen gezeigt werden soll.

08.07. Abschlussveranstaltung Podiumsdiskussion/ Fragen zur Prüfung/ Feedback

Die Prüfung findet, abhängig von der Teilnehmendenzahl am 22. Juli (10 bis 14 Uhr) und/oder 23. Juli (14 bis 17 Uhr) in den in Klammern angegebenen Zeitfenstern statt.